Denkt man an Norwegen, hat man sofort Bilder von tiefen Fjorden, roten Fischerhütten, Elchen und nie endenden Tagen im Kopf. Dass Norwegen aber viel mehr als nur Ruhe und Landschaft bietet, hat uns zuletzt die Jugendserie SKAM gezeigt. Nach dem riesigen internationalen Erfolg versuchen es die Norweger erneut:
Unge lovende, auf Englisch übersetzt Young&Promising heißt die Serie, die das Leben von Elise, Alex und Nenne verfolgt. Die drei Freundinnen, die in Oslo leben (zugegebenermaßen ist das vielleicht in Norwegen tatsächlich der einzige Ort, an dem es eine ausgeprägte Jugendkultur gibt, denn die Serie SKAM hatte ihren dramaturgischen Mittelpunkt auch schon hier angesiedelt) versuchen, ihr Leben nach der Ausbildung auf die Reihe zu bekommen: Sie wollen mehr als das “normale” nine-to-five Gefühl, ihr Potential ausschöpfen, und ganz nebenbei noch wilden Sex, Parties und die Liebe verfolgen.
Ja, das mit der Liebe hört sich jetzt erst mal kitschig an – aber die Serie stellt sich eben nicht nur einer High-School-Musical Problematik, sondern einer realen, die viele von uns irgendwann ereilt: Da hat man seinen Bachelor, Master, oder was auch immer in der Tasche und fragt sich: Was ist eigentlich jetzt? Denn der Punkt nach dem Studium oder der Ausbildung ist wohl der, an dem viele junge Menschen ihre Quarter Life Crisis ereilt: Hatte ich schon meinen Höhepunkt im Leben? Man sieht sich mit der Frage konfrontiert, ob man den richtigen Weg eingeschlagen hat – und, ob man sich denn jetzt überhaupt schon bis an den Rest des Lebens an einen bestimmten Schreibtisch festnageln möchte. Ob man nicht mehr kann, als das, was man die letzten Jahre gemacht hat.
Auch Elise, Alex und Nenne stellen sich diese Fragen und versuchen, ihr Leben in den Griff zu bekommen: Bücher zu verfassen, in’s Auslands zu reisen, an der Schauspielschule angenommen zu werden. Doch wie jeder Mensch, scheitern auch die drei an manchen Hürden. Und das alles vor den Augen der Eltern.
Doch zwischen all den Problemen und Ängsten finden die drei immer wieder Zeit, jung und unbekümmert zu sein: Ein bisschen Blödelei im Drama der Selbstfindung, schlecht tanzend vor einem Dönerladen, Gin Tonic übergossen auf der Dachterrasse, laut kreischend auf dem Fahrrad. Neben dieser Storyline aus Party, Sorgen und Selbstfindung gibt die Serie ein unglaublich korrektes und witziges Bild des norwegischen Hipstertums, zwischen Fjällräven-Kanken Rucksäcken, Hornbrillen, scheinheiliger Kreativität, Individualität und norwegischem Slang.
Dass es norwegische Serien nicht leicht im amerikanischen Serien-Jungle haben, hat sich mit SKAM gezeigt: Die Serie sei zu unzensiert für den amerikanischen Markt, in Deutschland machte die GEMA Probleme. Das Resultat dieses Copyright Dilemmas ist eine amerikanische Version in SKINS oder LOL Manier: Das Konzept von SKAM wurde für den amerikanischen Markt verkauft, und wird wohl seine Einzigartigkeit gegen gebleachtes L.A. Lächeln tauschen müssen.
Young&Promising hat es mit seinem skandinavischen-Charme, visuell ansprechenden Bildern und einem genialem Soundtrack zumindest auf den deutschen Markt geschafft: Zu sehen ist die Serie auf dem jugendorientierten Ableger der ARD – “ONE”. Für alle Interessierten gibt’s bei uns den Trailer zu sehen:
Text: Alex Baur
Via: i-D
Bilder : Screenshots