“Wer bin ich eigentlich?” Habe ich mich früher regelmäßig gefragt. “Wer bin ich, wer will ich werden, was sind meine Vorbilder?” Damals, jung, naiv und ungeoutet hatte ich wirklich gar keinen Plan von mir selbst – oder der Welt. Natürlich hab ich heutzutage nicht viel mehr Ahnung, aber vielleicht weiß ich ein bisschen besser, was ich alles nicht bin: Nämlich kein Otter, Bear, Hunk, Twink, oder was es sonst noch so alles für Schubladen in der queeren Community gibt.
Ich habe das System noch nie verstanden: Hunks mit Twinks, Bears mit Bears, Otter mit allen – wieso muss ich mich in ein Raster, das voll von Stereotypen bestimmt ist einordnen? Unterscheidet sich die gay culture nicht gerade durch ihre Einzigartigkeit vom harten, heteronormativen, stereotypischen, anzugtragenden Büroalltag? Sollten Mitglieder dieser Community nicht die größten Freigeister sein, und völlig weg von jeglichen Kategorisierungen?
Klar, ich verstehe, dass der Mensch einen Drang nach Ordnung hat. Wenn selbst schon der Philosoph Foucault in “Die Ordnung der Dinge” feststellt, dass es ein universelles Ordnungssystem geben muss, damit Menschen sich in dieser Welt zurecht finden, sollte was dran sein an der Sache – wenn Menschen einen anderen Menschen nicht einordnen können, ist meist Abneigung oder Unverständnis das Ergebnis (da wären wir wieder beim Thema Outing). Aber reicht da dann nicht das Label queer und damit hat sich die Sache? Thema erledigt? Keine weitere Rasterfahndung?
Generell finde ich den Gedanken sehr lustig, dass man nach seinem Outing ja bloß nicht wieder zurück in den closet möchte. Dann doch lieber in eine kleine, enge Schublade voll von Klischees und Vorurteilen.
Dass es nicht reicht, sich als queer zu titulieren habe ich gemerkt, sobald ich mich das erste Mal in die Welt des Onlinedatings wagte: Mein jüngeres Ich musste erst mal Google befragen, um was es sich denn bei mir handeln könnte. Das Ergebnis: Ein absoluter Vorzeigetwink, wie er im Buche steht. Ab sofort dürfte ich also nur noch Snapchat Selfies mit Hundefilter und passendem Blick dazu machen, und müsste mit älteren Typen schlafen?! Natürlich muss man sich nicht selbst in solche Schubladen stecken – trotzdem taten das diverse Chatpartner und Dates mit mir. Sorry, ich steh nicht auf Twinks hatte ich mal in einer Nachricht gelesen – wie viele Twinks bei dieser Abfuhr wohl ihre Snapchat-Hundefilterohren gleich ganz traurig hängen lassen würden. Für mich gab das ganze allerdings keinen Sinn – war ich etwa genau gleich wie jeder andere Twink auch? Fehlte meinem Gegenüber da die völlige Differenzierung zwischen mir und irgendeiner Kategorie?
Vielleicht erleichtert es schwulen Männern einfach die Suche nach dem Richtigen Partner, wenn man seine “Zielgruppe” auf eine bestimmte Kategorie einschränken kann – doch das funktioniert meiner Ansicht nach zumindest nur im Bezug auf schnellen Sex. Denn, wenn es um die Partnersuche geht, kann man sein Gegenüber nicht mehr nur auf Hundeohren oder den Bizepsumfang reduzieren – zumindest kann ich das nicht.
Text: Alex Baur