Wie schön das doch früher war: Man lernte die Liebe seines Lebens noch in einer ranzigen, nach Bier und Zigarettenrauch stinkenden Dorfdisco kennen, verabredete sich flüchtig für die nächsten Tage, rief sich gegenseitig von Telefonzellen aus an und schrieb sich Liebesbriefe. Nach 17 Uhr konnte einen der Chef überhaupt nicht mehr erreichen, denn selbst in den dringendsten Fällen hatte man kein Telefon bei sich. Die Fear Of Missing Out existierte nicht, da niemand die aufgedrehten Instagram-Stories seiner Freunde ansehen konnte, und bei Treffen mit Freunden im Café hatte nicht jeder sofort den Drang, seinen Matcha-Latte abzufotografieren und mit unzähligen Filtern zu versehen.
Stattdessen wird man heute schon auf dem Weg zur Arbeit von Mails überflutet, muss sich durch die halbe Stadt Tindern, um irgendwen vernünftiges kennenzulernen, und darf sich nach einem anstrengenden Tag auf Instagram reinziehen, wie alle Freunde energiegeladen im Club am anderen Ende der Stadt stehen. Nein, natürlich haben das Internet und die Smartphone-Revolution nicht nur negative Seiten: Wie produktiv wir doch alle sind, mit dem Apfelhandy fest zwischen die Finger gekrallt, den eingeschalteten Mail-Benachrichtigungen, unseren 30 Instagram-Followern und der Meditationsapp für Zwischendurch. Immer und überall erreichbar, in Notfällen, bei Langeweile. Schlussmachen per Whatsapp? Easy! Drei Dates an einem Tag Dank Tinder? Klar doch! Noch schnell diesen einen Vertrag auf dem Weg nach Hause bearbeiten? Kein Stress.
Ich gestehe: Ich bin selbst ein Vorzeige-Smartphone Nutzer: Fleißig schreibe ich Whatsapp Nachrichten an meine Freunde, wie sehr ich sie doch vermisse, aber dass es sich zur Zeit einfach nicht für ein Treffen ausgeht, checke meine Mails direkt nach dem Aufwachen, poste meine Partynacht auf Instagram und schicke lieber eine böse SMS, als mit meinem Freund persönlich zu streiten. Doch je mehr ich vor diesem Gerät hänge, desto mehr merke ich auch, wie sehr ich gestresst bin. Checke ich direkt nach dem Aufstehen meine Mails, denke ich schon auf der ganzen Fahrt in’s Büro an den Haufen von Arbeit, der mich erwartet. Anstatt meinen Mitbewohnern persönlich zu sagen, dass sie schon wieder die Spülmaschine falsch eingeräumt haben, schreibe ich lieber eine wütende Whatsapp-Nachricht. Anstatt mir die Straßen Wiens anzuschauen, blicke ich in der Tram lieber auf meinen kleinen Bildschirm, als sei der das Tor zur Welt.
Doch damit soll jetzt Schluss sein. Ich möchte nicht länger kalten Cappuccino trinken, weil ich ein perfektes Instagram Bild davon bekommen muss, ich möchte mich nicht länger in der Pflicht fühlen, auch am Wochenende meine Mails zu checken, oder 24/7 für alles und jeden erreichbar sein. Anstatt mich stressen zu lassen, weil es mir andere sagen, werde ich mein treues iPhone gegen ein uralt-Nokia tauschen. Dann gibt es nur noch die nötigsten Anrufen und SMS, das E-Mail Postfach bleibt da wo es hingehört (nämlich in der Arbeit!), und der Instagram-Wahn macht uns sowieso alle kaputt.
Text: Alex Baur