- Die Flotte der 80 Teilnehmeboote wurde von einer Jury ausgewählt.
- Nicht nur Vertreter aus der Queer Community nehmen Teil sondern auch Gruppen der Stadt Amsterdam wie Polizei und Feuerwehr, Ärzte und Anwälte, NGOs, Aids Hilfe etc.
- Eine Woche gibt es im Vondelpark und in den Straßen Amsterdams Freiluftbühnen, auf denen verschiedene DJs und Künstler auftreten
Die Grachten Amsterdams sind gesäumt von Menschen. Die Frühkommer unter ihnen haben einen Platz auf einer Brücke ergattert, von dem man das Spektakel der Parade aus der ersten Reihe beobachten kann. An den Ufern der Kanäle sitzen und stehen bereits die Leute, Jung und Alt hat zusammengefunden, Familien mit Kindern haben sich farbenfroh herausgeputzt, Pärchen und Freundesgruppen stehen mit ihren Getränken und ganz Begeisterte schwenken ihre Regenbogenfahnen. Die ganze Stadt ist zusammengekommen, um diesen Tag zu feiern – gemeinsam mit unzähligen Touristen. Die Menge steht nicht nur bis zum Ufer, die Gracht ist reihenweise gesäumt von Booten der Einheimischen, die der beste Ort sind, das bevorstehende Ereignis zu genießen. In bis zu drei Reihen liegen sie am Rande der Gracht, manche sogar ausgestattet mit Drinks und Musik. Man spürt schon die Spannung in der Luft.
Weit unten am Horizont sieht man die Figuren zweier Menschen, die in den Lüften zu schweben scheinen. Es ist das Paradenpärchen auf ihren Flyboards, das den Umzug eröffnet. Unter Geschrei und Gejubel der Menge fliegen sie die Grachten hinauf. Es beginnt zu wummern. Die Bässe der fernen Boote lassen die Luft vibrieren. Aus einer riesigen Konfettiwolke erscheint der erste Kahn. Die Leute werden mitgerissen von der einmaligen Stimmung und jubeln den Besatzungen der vorbeifahrenden Prozession entgegen. Nach und nach fahren die Boote vorbei, jedes von ihnen ist ein eigenes Schauspiel. Sie alle haben sich lange vorbereitet und ein ausgeklügeltes Konzept erstellt: Die Dekoration des Schiffes und die Show, die von der Crew geboten wird, sitzen, denn sie haben die Jury davon überzeugen können, in die Flotte der 80 Teilnehmeboote aufgenommen zu werden.
Die Diversität scheint grenzenlos: Präsent sind nicht nur Vertreter aus der Queer Community, sondern auch Gruppen der Stadt Amsterdam wie Polizei und Feuerwehr, Ärzte und Anwälte, NGOs wie Greenpeace, sowie Aids Hilfe und die Iranischen Community und viele weitere.
Ein prachtvolles Boot der Queer Community ist das Stonewallboot, welches eine Galeere darstellt. Die tanzende Crew präsentiert sich als römische Soldaten und antike Götter, alles in Rosa und Gold gehalten. Am Bug prangen stolze Drags als Galleonsfiguren, die an die Stonewall Heroes erinnern. Auch die Transparente und Aufschrift am Boot machen uns auf 1969 aufmerksam, wo in der Stonewallbar in New York erstmals die Queer Community gegen die täglichen Schikanen der Polizei revoltierte und kurz darauf die erste Queer Pride stattfand. Mittlerweile ist in der Parade die Stimmung so aufgeheizt, dass die Leute einfach ins Wasser springen um sich abzukühlen und mit ihren aufblasbaren Haifischen und Flamingos herum zu plantschen.
Ein weiteres Boot ist das Boot der Fetisch-Bar Spijker, auf dem sich Bären, Leder-Daddys und Mummys gemeinsam mit Drags um meterhohe silberne Nägel tummeln, die vom Boot in den Himmel emporragen. Jedes Mal, wenn es auf eine der niedrigen Brücken zusteuert, senken sich die riesigen Aufbauten, und sogar die Besatzung muss manchmal in die Hocke gehen, nur um auf der anderen Seite wiederaufzutauchen und ihre Show weiter zu führen. So fährt Boot um Boot vorbei, eines in einer Wolke von Konfetti, ein anderes mit einem Sänger, der auf einer 5 Meter hohen Säule in den Lüften präsentiert wird, wieder eines begeistert uns mit Luftakrobaten, die in kurzen roten Höschen gekleidet auf Trampolinen ihre Kunststücke zeigen.
Den Abschluss der Parade bildet ein Gemeinschaftsboot von Amsterdam und New York City, das uns schon einstimmt in die World Pride nächstes Jahr in New York City. Die beiden Städte verbindet nicht nur eine gemeinsame Geschichte, wie der einstige Name New Amsterdam schon sagt, sondern auch eine Kultur der Toleranz und Weltoffenheit. Nach dem letzten Schiff ist die Feier noch nicht vorbei, denn alle Boote der Zuschauer lösen sich vom Rand und die Grachten und verwandeln sich in eine große gemeinsame Party.
Die Parade ist zwar das Highlight der Pride, aber natürlich gibt es auch ein ausgiebiges Rundumprogramm. Eine Woche gibt es im Vondelpark und in den Straßen Amsterdams Freiluftbühnen, auf denen verschiedene DJs und Künstler auftreten. Locations wie Homo-Monument oder Sofitel Legend The Grand Amsterdam verwandeln sich in Partyzonen, ein besonderer Höhepunkt ist das Crash auf dem Beursplein-Platz. Auch der Kulturbetrieb stellt sich auf das queer Publikum ein, wie zB. das Amsterdam-Museum, das eigene LGBT-Führungen organisiert oder eine Photoausstellung im Foam-Museum. Am Wochenende steigen die großen Partys wie Fun House oder das extraordinäre Rapido.
Bei einem Amsterdambesuch darf eine Bootsfahrt in den Grachten nicht fehlen. Neben dem Angebot der großen Ausflugsboote gibt es auch die Möglichkeit, sich als Gruppe eines der liebevoll renovierten Salonboote zu mieten, auf denen man begleitet von Anekdoten über Amsterdam bei einem Glas Champagner die Stadt besichtigt.
Das herausgefischte Plastik wird zu Booten der Plastic Whale Flotte und Möbel verarbeitet
Alternativ kann man an einer Plastic Whale Tour teilnehmen, bei der man es sich zur Aufgabe macht, gemeinschaftlich die Grachten vom Müll zu reinigen, der bei einer Großveranstaltung wie der Canal Pride in den Kanälen landet. Diese findet spielerisch in Form eines Wettbewerbs statt, bei dem das außergewöhnlichste herausgefischte Objekt einen Preis gewinnt.
Mein außergewöhnlichste herausgefischte Objekt: ein Gemälde
Weitere Tipps für eine Amsterdam Pride Reise:
Besuch der Außenbezirke Amsterdams
Festivals
Brasserie Ambassade
Ink Hotel
Amsterdam Museum und Café
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Text & Fotos Martin Darling