Was ich hier mache, ist riskant: Ja, heute ist mein Geburtstag, und das teile ich nun gefühlt mit der halben Welt. Ich setze mich also dem Risiko aus, mit Glückwünschen nur so überschüttet zu werden! Während der ein oder andere seinen Geburtstag vielleicht aus schlichtweg strategischen Gründen so öffentlich machen würde, ist das hier für mich eher Traumabewältigung: Ich hasse nämlich meinen Geburtstag. Jedes Jahr auf’s Neue!
In meiner Jugend habe ich genau ein einziges Mal meinen Geburtstag mit meinen Freund*innen gefeiert – 16 Jahre alt wurde ich, und wollte natürlich sofort meinen neuen Personalausweis zum glühen bringen: Nachdem ich durch vier verschiedene Supermärkte stolzierte, nur, um mir endlich ganz legal Bier kaufen zu können und mit meinem Ausweis wild über das Kassaband zu fuchteln, wollte der ganze Alkohol ja auch getrunken werden. Also “feierte” ich mit meinen – allesamt ebenfalls minderjährigen Freunden – im angemieteten Gemeindesaal, und wurde bitterlich enttäuscht. Vielleicht hatte ich zu viel My Sweet 16 geschaut, vielleicht aber auch einfach meinen 16. Geburtstag überschätzt: Etwas mickrig war die Anzahl der geladenen Gäste sowieso – als dann aber nur ein Bruchteil überhaupt erschien und ich die ersten zwei Stunden meiner Feier alleine zwischen zehn Kilo Gummibärchen und zerrissenen Luftschlagen wartete, beschloss ich, nie wieder in meinem Leben Geburtstag zu feiern.
Sind wir mal ehrlich: So traumatisch wird diese Erfahrung schon nicht gewesen sein. Aber vielleicht liegt es an der Tatsache, dass man überhaupt schon viel zu hohe Erwartungen an seinen Geburtstag hat. Einen Tag lang im Jahr ist man quasi Prinz*essin, wird beschenkt und darf generell Alles bestimmen. Dass dieser besondere Tag dann natürlich umso perfekter werden muss, liegt in der Natur der Sache. Doch während manch eine/r schon Wochen vorher jede freie Sekunde darauf verwendet, den perfekten Tag durchzuplanen, bin ich fast wie gelähmt: Bloß keine Versuche starten, diesen Tag irgendwie besonders zu gestalten – am Ende wird man dann ja doch nur enttäuscht.
Diese Angst vor jeglicher Enttäuschung führt dazu, dass ich jedes Jahr am 07. Mai zum regelrechten Arbeitstier werde: Hauptsache den ganzen Tag im Büro sitzen oder am Set stehen, niemandem auch nur einen Funken Information über mein Alter geben und falls möglich erst dann nach Hause kommen, wenn meine gesamte WG schon im Bett liegt. Doch wenn wir mal ehrlich sind, ist dieses Verhalten doch total überzogen. Was soll schon passieren, wenn ich hier und da mal ein “Happy Birthday” per WhatsApp geschickt bekomme? Als ich mal wieder meine Mitbewohnerin anschnauzte, sie solle mir bloß nichts schenken, ja nicht mit mir aufstehen oder gar Frühstück machen, sagte sie mir, ich solle nicht so egoistisch sein. Und völlig schockiert habe ich festgestellt: Ich bin tatsächlich egoistisch was meinen Geburtstag angeht.
Denn: Niemand enttäuscht mich – wenn, dann tu ich das selbst. Anstatt meine WG anzuschnauzen, wenn sie mir ein schönes Geburtstagsfrühstück machen wollen, sollte ich dankbar sein und mich über solche Gesten freuen. Anstatt in der Angst zu leben, dass dieser Tag nicht perfekt werden könnte, sollte ich mich einfach freuen, dass jede*r um mich herum versucht, mir eine gute Zeit zu garantieren. Ich werde es also dieses Jahr versuchen: Mein Geburtstag steht jetzt sogar in meinem Facebook-Profil und eine Party gibt es (ganz vielleicht) auch! Egal ob mit 10, 20 oder 30 Leuten.
Text: Alex Baur
Pug-Bild: DaPuglet on Flickr