Mit 16 Jahren habe ich mir meine 20er-Jahre ungefähr so vorgestellt:
Viel Alkohol, viel feiern, viele Typen und wenig Verpflichtungen. Heute weiß ich, dass sich diese Vorstellung sehr stark von meiner Realität unterscheidet.
Ich stehe früh auf, arbeite lang und hart, komme erschöpft nach Hause und möchte am liebsten sofort in mein Bett, Serien gucken und dann nach zwei bis vier Glas Wein einschlafen, um am nächsten Morgen wieder früh aufzustehen, um lang und hart zu arbeiten und dann abends … Erinnert manchmal an eine Hamsterrad, scheint mir jedoch kein Einzelfall zu sein. Die Mit-20er-Generation wird nach zwölf Jahren mit Abitur ins Studium gespuckt, hat nach drei Jahren ‘nen Bachelor und kann dann eigentlich ins Arbeitsleben starten. Natürlich ist man dann noch ziemlich jung, 21 oder 22 Jahre oder so, und kann auch noch keine ernstzunehmenden Berufserfahrungen aufweisen, allerhöchstens Praktika.
Aber wie auch? War ja bisher kaum Zeit … Was ich mich frage: Wer nimmt mich so jung im Job überhaupt ernst? Logische Schlussfolgerung: Ich muss mich beweisen, den anderen zeigen, dass ich es draufhabe und bloß keine Fehler machen. Und dann arbeitet man halt hart, boxt sich durch, versucht sich zu beweisen. Ich weiß nicht genau, wie man dieses Hamsterrad anhält, wie man eine “Ist mir egal”-Haltung entwickelt, sich Zeit für andere Dinge abseits des Wochenendes nimmt. Viele werden schon nervös, wenn sie mal nichts zu tun haben, wenn sie Leerlauf haben, weil sie nicht entspannend können, weil sie immer weiter, höher, größer wollen und denken, dass sie wollen sollen.
Es handelt sich dabei um eine subjektive Beobachtung, aber ich habe den Eindruck, dass viele das Entspannen – oder eben das Chillen, wie mein 16-jährigem Ich wahrscheinlich gesagt hätte – verlernt haben und von einem Projekt ins nächste springen, immer weiter ohne Pause. Vielleicht täuscht dieser Eindruck und existiert nur in einer kleinen Blase. Dennoch freue ich mich manchmal einfach darauf, nach Hause zu kommen und für eine kurze Zeit nichts zu tun, das Hirn auf Durchzug zu schalten und in die Welt von Will&Grace einzutauchen.
Ernsthaft: Was macht ihr, um runterzukommen?
Photo: Danielle Tineke