Das Flugticket ist in den Pass gesteckt, eine lange Umarmung vor dem Check-In Schalter, dann ist er/sie weg. Wir sind jetzt long-distance, es hört sich komisch an, das laut auszusprechen, aber dadurch wird es dir erst bewusst: Mal schnell abends vorbeikommen geht jetzt nicht mehr.
Ach können wir uns glücklich schätzen! Wir müssen keine Brieftauben mehr losschicken, um mit unseren Partner*innen zu kommunizieren, auch, wenn sie am anderen Ende der Welt sind. Wir müssen nicht mehr eine Woche auf einem Schiff verbringen (und Angst haben, dass es sinken könnte), nur, um dann wenige Stunden oder Tage gemeinsam zu verbringen, und eine mindestens genauso aufwändige Rückreise zu unternehmen.
Nein, wir können skypen, telefonieren, auf Whatsapp belanglose Dinge miteinander teilen, throwback Bilder mit “Schatzi ich liebe dich und vermisse dich so sehr” auf Instagram posten, und wenn es ganz arg ist, können wir auch in ein Flugzeug hüpfen, und sind meistens innerhalb von 24 Stunden am anderen Ende der Welt – aber trotzdem sind Fernbeziehungen scheiße. Und zwar so richtig. Kann eine Fernbeziehung denn überhaupt funktionieren? Und so sehr wir unsere Partner*innen auch vermissen – tut uns eine Fernbeziehung vielleicht sogar gut?
Ich denke, dass Fernbeziehungen definitiv auch produktives Potential mit sich bringen: Wie schön das ist, endlich mal keine dreckigen Socken des anderen in der Wohnung rumfliegen zu haben, die Chipstüte Abends vor Netflix nicht mehr teilen zu müssen, endlich wieder diesen Pulli, den dein Freund / deine Freundin so gar nicht leiden kann wieder zu tragen. Fernbeziehungen bedeuten natürlich Distanz zum Menschen, aber eben auch Distanz zu den ganzen Macken, die uns sonst an unseren Partner*innen so verrückt machen.
Gleichzeitig birgt dieser Abstand aber auch die Gefahr, dass man seine neu gewonnene Freiheit vielleicht ein bisschen zu sehr schätzt: Vielleicht merkt man erst jetzt, wie sehr einen die dreckigen Socken eigentlich genervt haben, und vielleicht merkt man auch erst jetzt, dass einem der / die Partner*in gar nicht so wirklich fehlt – sondern man diesen Abstand genießt?
Aber geht es vielleicht auch andersherum? Vermissen wir plötzlich die abgeranzten Socken, das nicht abgespülte Geschirr, schaffen wir vielleicht die Chips Tüte gar nicht allein? (Zugegebenermaßen war das letzte Beispiel schon ziemlich unrealistisch). Aber mein eigentlicher Punkt ist der: Fernbeziehungen sind scheiße, ja, das sind sie immer. Nur muss man selbst entscheiden, was man daraus macht -ob man sich treiben lässt, in Selbstmitleid versinkt, oder ob man lernt, mit dem Abstand umzugehen.
Text: Alex Baur