Wenn sich die Rollos der Panoramabar jedes Wochenende in monotoner Regelmäßigkeit heben und senken, die Menschen aus dem Berghain zum harten Techno „tanzen“ und am Abend noch halb zugedröhnt den Tatort schauen, dann ist das auf eine gewisse Art irgendwie traurig.
Wenn Lodas (Lifestyle of Drugs and Sustainability – quasi die Prenzelschwaben, ohne Kinder, aus Kreuzberg und Neukölln) betrunken durch die Berliner straßen ziehen, von einer Bar in einen Club, und nach einer durchschwitzten Nacht noch zu einem Open-Air, dann ist auch das irgendwie traurig. Warum, mag sich der geneigte Leser jetzt fragen, warum ist das irgendwie traurig?
Weil ein wöchentlicher Cocktail aus Drogen, Alkohol und Feierei die Fähigkeit für lustvolles Empfinden zerstört.
Es ist ja nun kein Geheimnis, dass beispielsweise der Konsum von Drogen zusammen mit Sex eine mehr als fragwürdige Wechselwirkung hat. Orgasmen sind unter chemischem Einfluss intensiver und geiler. Irgendwann muss aber mehr Zeug geschmissen werden, weil der Effekt nicht mehr ausreicht. Und normaler Sex sowieso schon langweilig ist. Das wiederum führt zu noch intensiverem Konsum.
Irgendwann nennt man das dann auch einfach Sucht.
Und weil das Tanzen in den immer selben Clubs, mit den immer selben Leuten und den immer gleich nervenden Touristen eintönig ist. Weil es eben auch ein Leben außerhalb der Party-Blase gibt. Weil, nicht immer, aber gefühlt doch sehr oft, die einzige Freizeitbeschäftigung eben genau aus dem beschriebenen besteht.Das ist irgendwie traurig.
Klar muss jeder selbst für sich entscheiden wie die Freizeit gestaltet wird. Aber vielleicht gibt es ja noch mehr, als freitags bis sonntags auf schäbigen Klos ein paar Lines Koks zu ziehen, während eine Kabine weiter gerade Körperflüssigkeiten ausgetauscht, oder Blasen entleert werden. Natürlich soll niemand vollends auf seine hellen Stunden in Tanz und Rausch verzichten. Aber, um sich die Besonderheit daran zu erhalten, könnte die Frequenz ja auch einfach gesenkt werden – statt jeder Woche, nur einmal im Monat?
Und für geistige und kreative Anregung, könnten ja regelmäßig andere Dinge unternommen werden: An dem einen Wochenende Theater, am anderen Kino, am nächsten Mutti besuchen und dann, nach all der harten Arbeit, das wohlverdiente, langersehnte Wochenende mit Techno, Berghain, geschlechterübergreifendem Knutschen – und das dann in vollen Zügen genießen. Und selbst das geht auch ohne Drogen oder Alkohol. Das ist dann auch nicht mehr ganz so traurig.
Text: Stephan Otto