Dass Komik und Tragik gar nicht weit auseinanderliegen, zeigt uns Regisseur Martin McDonagh in seinem neuen Werk Three Billboards Outside Ebbing, Missouri, der mit seinen 7 Oscar-Nominierungen schon jetzt als Favorit bei der Preisverleihung gilt. Es ist eine Gratwanderung, zwischen schlagfertigen Dialogen, tragischen Wendungen, Charakterkomik und dem Kampf um einen letzten Funken Hoffnung.
Der 116-Minüter erzählt die Geschichte der alleinerziehenden Mutter Mildred Hayes, deren Tochter ermordet und vergewaltigt wurde, und von deren Mörder noch immer jegliche Spur fehlt. Sieben Monate nach dem Verbrechen ist Hayes frustrierter denn je über die ruhenden Ermittlungen, und entschließt sich, drei Werbetafeln mit provokanten Aufrufen zum Handeln aufzustellen, um die örtliche Polizei von Ebbing unter Druck zu setzen.
Die Darstellung der Polizeiinspektion selbst siedelt sich irgendwo zwischen ironischer Überinszenierung von Klischees und brutaler Wahrheit der Polizeigewalt, angetrieben von Rassismus, Homophobie und White Supremacy, an. Wir sehen Sam Rockwell als Officer Dixon, der zuhause auf der Couch seiner Mutter Comichefte liest, direkt nachdem er schwarze Mitbürger blutig geprügelt hat, oder Woody Harrelson als Sheriff Willoughby, der sich seinen körperlichen Verfall nicht eingestehen kann, und sich selbst nicht mit dem Homophobie- und Rassismusproblem der Polizeiinspektion befassen möchte.
Inmitten dieses Kleinstadtchaos steht Mildred Hayes, mal mehr, mal weniger wankend, immer mit einem hasserfüllten Spruch auf den Lippen. Frances McDormand scheint ihre Rolle selbst geschrieben zu haben, denn es gibt wohl kaum eine Schauspielerin, die Hayes besser verkörpern könnte. Verbittert, verzweifelt, und angetrieben von dem Wunsch, den Mörder ihrer Tochter zu finden, handelt Mildred Hayes mal berechnend kalt, mal emotionsgeladen und voll von Hass. Nur selten bricht die Fassade ihres blauen Jumpsuits, und zeigt den Zuschauer*innen eine tief getroffene, zerstörte Frau.
Demütigung scheint ein durchgehendes Motiv im Film zu sein, denn die Charakter schenken sich hier absolut nichts: Fassungslos sieht man im Kinosessel dabei zu, wie hier emotional gemetzelt wird, nur, um im nächsten Moment beschämt zu lachen. So unberechenbar die Rollen geschrieben sind, die Handlung sich dreht und wendet, so sehr der Film fesselt, die Zuschauer*innen ungläubig lachen oder mit den Tränen ringen lässt, kann er jedoch nicht perfekt sein – und vielleicht will er das auch gar nicht.
Denn der ein oder andere Sinneswandel, eine 180° Wendung der Charaktere, verläuft zu schnell, zu glatt, zu aufrichtig und zu ehrlich. Vielleicht sollen diese Momente uns die Hoffnung an Altruismus zurückgeben, doch eilen sie dabei sich selbst zu sehr voraus. Ein Happy End scheint bei solch einem Drehbuch keine Option zu sein, und dennoch kommt es dann doch wie erwartet, und so bereitet der Film die Zuschauer*innen – ganz anders als im restlichen Verlauf der Narration – seicht auf den Abschied von Ebbing, Missouri vor, der im Vergleich zum restlichen Film ästhetisch eher einem Indie Coming-Off-Age Streifen anmutet, als der emotionalen Achterbahnfahrt, die in der Kleinstadt vor sich geht.
Den Trailer gibt es für alle Interessierten hier anzusehen:
Text: Alex Baur
Bilder: © TWENTIETH CENTURY FOX FILM CORPORATION.