Zeitgeist

Warum du aufhören solltest Designer als Celebrities zu sehen! – Arthur Arbesser im Interview

Kanye West, Karl Lagerfeld und Tom Ford sind die Schwergewichte der Mode und wir sehen sie andauernd auf Schampus-ertränkten Release- und Aftershow-Parties. Luxuriös eingekleidet bei den Academy Awards, den Golden Globes oder bei einem anderen Event der Reichen und Schönen. Da stellt sich uns zurecht die Frage wann diese Talente eigentlich ihren großartigen Job machen. Für Personen, die solchen Erfolg haben und ihn zu versprühen wissen, sieht man sie erschreckend wenig vor den Rechnern des Atelier-Schreibtisches sitzen.

Wir nutzten die Gelegenheit um mit Womenswear-Designer Arthur Arbesser dieser (Selbst-)Darstellung auf den Grund zu gehen! Vor seiner Selbstständigkeit hat er selbst 7 Jahre für Giorgio Armani gearbeitet und kennt die Kehrseite der Branche. Anlässlich seiner aktuellen Kooperation mit Absolut Vodka haben wir ihn über den harten Alltag des Designer Daseins ausgefragt.
 
 
Der Beruf „Designer“ klingt für viele Menschen wie so eine Celebrity-Angelegenheit. Wie Menschen, die es jeden Tag in New York, Milan und London krachen lassen. Fühlst Du dich wie ein Celebrity oder hast du eher einen gewöhnlichen Alltag?
 
Ich hab’ einen sehr gewöhnlichen Alltag und ich fühle mich wie vieles, aber sicher nicht wie Celebrity, der ich auch überhaupt nicht bin. Was ein Mode-Outsider nämlich nicht weiß ist, dass es ein knallhartes Business ist. Es ist teilweise irrsinnig unlustig und unglamourous. Ich sitze jeden Tag drei Stunden im Zug und bin immer auf dem Weg in irgendeine Fabrik, schleppe kiloweise Stoffe von A nach B, während ich nonstop zu UPS oder ins Presse Büro gehe. Wir sind hier ein kleines Team von vier Leuten, aber jeder macht trotzdem alles: Der, der gerade Zeit hat, erledigt die Pakete vom heutigen Tag und so weiter. Das hat mit Celebrity und Glamour gar nichts zu tun. Man vergisst halt leider oft wie zäh dieses ganze Business ist. Und vor allem: Die Arbeit nimmst du mit ins Bett und du wachst in der Früh mit der Arbeit im Kopf auf. So wie alle selbständige Leute hast du eben einen 24 Stunden Job. Aber es ist meine Passion und das was mich vorantreibt und deshalb macht es mir auch nichts aus.
 
Kann man diesen Beruf mit einem Familien- oder Beziehungsleben vereinen?
 
Also man braucht einen extrem geduldigen Partner. Jemanden, der dieses Leben verstehen kann. Das ist eben wie bei allen kreativen Berufen. Da hast du halt mal ein ganzes Wochenende lang ein Shooting oder du musst um 6 in der Früh raus. Ein andermal musst du bis um 5 in der Früh arbeiten. Insgesamt würde ich es als eher sehr beziehungs- und familienfeindlich bezeichnen.
 
Also hast Du wahrscheinlich auch keine Beziehung oder?
 
Oh doch! Ich bin nun seit 11 Jahren in einer Beziehung, aber das Ganze ist nicht einfach. Jemand muss absolut Bescheid wissen, was ihn erwartet. Das ist gottseidank in meinem Fall auch so.
 
Interview_Arbesser_text_002
 
Wie schwer ist es, als selbstständiger Designer in Mailand Fuß zu fassen? Wie ist Deine Herangehensweise dabei?
 
Wenn du dein eigenes Business startest und beschränkte finanzielle Mittel hast, bist du automatisch auf Freunde angewiesen. Es arbeitet sich auch einfach viel schöner, wenn du mit den Leuten einen kreativen Austausch hast und eine Art Vision und Ästhetik teilst. Mein ganzer bisheriger Werdegang war rein auf menschlichen Kontakten aufgebaut; das heißt auf Freunden und Leuten, die dieses Projekt aus eigenem Interesse unterstützen und mitmachen wollen.
 
So ist das Ganze alle sechs Monate wie ein Familientreffen. Egal ob aus Paris, New York oder London, alle sind dabei und helfen. Angefangen bei den Fotografen: Das ist eine Gruppe von Freunden, die alle erfolgreich international tätig sind. Oder Models, bei denen sich eine Freundschaft entwickelt hat und die teilweise eben gratis oder für ganz wenig Bezahlung mit dabei sind. Und das ist das Schöne an der Sache. Wenn man sich schon so den Arsch aufreißt für diese Arbeit, dann ist das eben schöner, wenn man die gemeinsame Vision mit Freunden teilt.
 
Wie sieht Dein Alltag so aus?
 
Das Reizvolle an der Selbständig ist ja, dass nicht jeder Tag wie der andere ist. Der Alltag ist immer ein kleines Abenteuer: Mal bin ich in Venedig an der Uni und dann mache ich halt einen Tag lang was in Venedig und so weiter. Es ist einfach irrsinnig frisch.
 
Ist Mailand im Kontrast zu Wien eine Traumstadt á la Bella Italia?
 
Mailand ist im Vergleich zu allen anderen italienischen Städten sicher keine Traum- oder Urlaubsstadt. Mailand ist die totale Arbeitsstadt. Wien kann im Gegenzug irrsinnig gemütlich sein. Du triffst Leute auf einen Kaffee und du bleibst ein bisschen länger sitzen, das gibt’s hier nicht. Manchmal vermisse ich das natürlich auch, aber wenn du happy bist mit dem was du machst, mit deinem Job, dann ist es schön von solchen produktiven Leuten umgeben zu sein. Hier trifft man sich eher auch mal zum Abendessen, das ist auch okay. Die Stadt Mailand selbst ist eine irrsinnig starke Inspiration für mich: Allein die Architektur; es gibt überall 50er, 60er oder 70er Eingänge und tolle Gebäude, tolles Möbel- und Grafikdesign. Die Stadt hat wirklich einen starken Eindruck auf mir hinterlassen und ist immer wieder eine Inspirationsquelle, genauso wie Wien.
 
Aber man muss ja auch mal Feiern. Wie war Dein Zugang beim Design der neuen Absolut Flasche?
 
Meine Ästhetik ist immer sehr grafisch und clean, die Farben geben den strengen Linien und Mustern aber etwas Verspieltes, etwas Positives. Ich habe für die Absolut-Entwürfe mit schwedischen Freunden darüber gesprochen, was sie mit Midsommar verbinden. Alle sagten mir zuerst: ‚Die Sonne geht nie unter’, für mich ‚Light all Night’. Dann kamen Assoziationen wie Heringe, Erdbeerblüten, der Mittsommerbaum und natürlich das Feiern.
 
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Findest Du bei all der Arbeit auch mal Zeit mit deinen Freunden zu feiern oder hast du einen extrem rigiden Schlafzyklus?
 
Absolut, viel zu oft. *lacht* Nein, schön wär’s. Ich bin überhaupt nicht gut, was das betrifft. Ich versuche jede Nacht auf sieben Stunden zu kommen, das ist das Ziel.
 
Wie unterscheidet sich die Art des Fortgehens in Mailand von der in Wien?
 
Es ist ein bisschen weniger zerstörerisch. Ich habe schon das Gefühl, dass es in Wien ein bisschen härter ist. Auch wenn ich nicht wirklich etwas dagegen habe. Aber jetzt wo ich ein bisschen älter werde, wird es eine Spur zurückhaltender. Nichtsdestotrotz habe ich eine Gruppe von Freunden um mich herum, die zwar teilweise Italiener sind, aber trotzdem vor der Zerstörung nicht Halt machen. Ich bin da mehr der Genießer. 😉


Autor: Alexander Jud

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