Ich habe echt die Schnauze voll. Ich war gerade im Discounter meines Vertrauens, um Bier zu kaufen. Und dort, wo sonst das Berliner Kindl steht, thront nun ein riesiger Aufsteller für Einhorn-Bier. Ernsthaft? Im Drogeriemarkt gibt’s Einhorn-Duschgel, in der Süßwarenabteilung Einhorn-Schokolade, Einhorn-Schlappen, Einhorn-Schnaps … Was soll das? „Always be yourself unless you can be a unicorn. Then always be a unicorn.“ – Nein, einfach nein. Ich möchte kein fucking unicorn sein. Echt nicht.
Das scheinen viele aber nicht zu verstehen. Als ich einer Bekannten erklärte, dass ich ihren Sahne-Likör in der Einhorn-Edition (was auch immer das bedeuten soll) nicht trinken möchte, da mich dieser ganze Einhorn-Hype furchtbar aggressiv macht, entgegnete sie total verblüfft: „Aber gerade du als schwuler Mann müsstest Einhörner doch super finden.“ Daraufhin war ich dann der Verblüffte.
Ich bin kein großer Britney-Fan, die winzigen Badehöschen von AussieBum sehen an mir mehr als lächerlich aus, von Poppers bekomme ich furchtbare Kopfschmerzen, auf den typischen Gay-Parties fühle ich mich nicht sonderlich wohl, Carrie Bradshaw ist nicht mein Vorbild, Brokeback Mountain finde ich lediglich ganz okay und die Tatsache, dass Einhörner von schmierigen Werbeagenturen mittlerweile für Alles verwendet werden, frei nach dem Motto „Klatsch so ein scheiß Vieh drauf und dann wird sich das schon verkaufen!“, kotzt mich an. Ich kann und möchte mich mit dieser schwulen Klischee-Welt, die oben genannte Bekannte anscheinend vor Augen hatte, nicht identifizieren. Ich verurteile aber auch keinen, der das kann und möchte: Betrinkt euch mit glitzernder Einhorn-Kotze und tanzt danach oberkörperfrei in AussieBums auf den Gay Parties eurer Stadt – voll okay, nur einfach nicht meine Welt.
Doch anscheinend ist genau das die schwule Klischee-Welt, die meine Bekannte im Kopf hatte. Zu ihrer Verteidigung muss man sagen, dass ich sie über Freunde kenne, wir wenig bis gar nichts miteinander zu tun haben, sie mich ergo gar nicht wirklich kennt – auch wenn das irgendwie kein Grund ist, mich wegen meiner Vorliebe für Männer in die Einhorn-Schublade, die anscheinend in ihrem Kopf existiert, zu stecken. Solche Situationen begegnen mir – und wahrscheinlich nicht nur mir – immer wieder. Und bisher habe ich nichts gesagt, sondern mich im Nachhinein wahnsinnig über die jeweilige Person aufgeregt, sie als Dorfkinder abgeschrieben und so weiter.
Dieses Mal habe ich sie drauf angesprochen, ihr erklärt, dass nicht jeder Schwule Einhörner mag, dass Pink definitiv nicht meine Lieblingsfarbe und Pop nicht meine Lieblingsmusik ist. Dass ich Kate Upton mindestens genauso heiß finde wie jeder heterosexuelle Mann, dass ich kein Make-Up trage und die nervigste Shopping-Begleitung der ganzen Welt bin. Dass ich nicht an den Gay Beach fahre und Gin Tonic einem Prosecco vorziehe. Ich glaube, sie hat sich ein bisschen geschämt, sich ertappt gefühlt, aber im Grunde war es ein gutes Gespräch. Sie hat sich sogar entschuldigt, was meinetwegen gar nicht hätte machen müssen – mir war es eher wichtig, dass sie versteht, dass dieses Klischee eben nur ein Klischee ist. Einer erfüllt’s, der andere erfüllt’s eben nicht – so what? Ich glaube, ich werde sowas jetzt öfter ansprechen, wenn es mich nervt. Reden hilft.
Wir haben dann übrigens noch angestoßen. Mit Gin Tonic. Manchmal hilft trinken nämlich auch.