Die Zeiten des Minimalismus sind noch nicht vorbei, doch es hat sich ein Wandel in Gang gesetzt. In Sachen Interior Design wirkt Kim Kardashians berüchtigtes Anwesen mittlerweile fast wie aus der Zeit gefallen. Minimalismus muss man sich ohnehin leisten können – wer viel besitzt, braucht sich nicht viel in die Wohnung zu stellen. Also wollen wir einen Blick auf Stile werfen, die nicht sparen und das Maximale aus sich und den eigenen vier Wänden herausholen …
ORANGE FLOYD
Dass die 1970er gerade die Trendepoche sind, braucht man angesichts der Rückkehr von Glockenhosen und Glam Rock niemandem zu erzählen. Unaufhaltsam bahnt sich die Ära von Orange- und Brauntönen ihren Weg auch in die Wohnungen und Häuser. Das britische Studio Hagen Hall hat unter seinem Creative Director, Louis Hagen Hall, für die Musiker:innen Rae Morris und Ben Garrett alias Fryars ein kleines Stadthaus im Norden Londons in einen modernen 70er-Jahre-Traum verwandelt. Orange mit unterschiedlichen Untertönen ist hier die vorherrschende Farbe. Sonst überwiegt ein Mix aus Materialien, die im Zusammenspiel das Design ins Heute holen. Kork, Glas, Spiegel und Ulmenholz sind mal eine Reminiszenz an die vergangene Epoche, mal moderne Türöffner – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Wände zum Badezimmer des pastellfarbenen Master Bedrooms aus vertikal strukturiertem Sichtschutzglas lassen sich gänzlich zur Seite schieben und vergrößern so den Raum stark. Zudem dürfen sich die beiden Sänger:innen über ein eigenes Musikstudio im Souterrain des Hauses freuen. Da dürfte einem kreativen Flow nichts mehr im Wege stehen.
PLANTS, PLANTS, PLANTS
Das Konzept ist nicht neu, doch die Idee ist wortwörtlich erfrischend: ein Meer aus Pflanzen in den eigenen vier Wänden. Nach einer Zeit, die von Krankheit und dem Verlust geliebter Menschen geprägt war, sagen wir ja zum Leben. Denn davon kann es nicht genug geben! Deshalb dekorieren wir die Wohnung mit so vielen Zimmerpflanzen wie möglich. Doch Vorsicht ist geboten: Nicht jede eignet sich für jeden Standort. Man sollte sich bei der Auswahl also nicht (nur) von der Ästhetik leiten lassen, sondern auch auf die Bedürfnisse der Pflänzchen achten. Am Ende steht man in seinem eigenen, lebendigen Heimdschungel, der viele Vorteile besitzt. Pflanzen haben eine beruhigende Wirkung auf die Psyche und sorgen für ein angenehmes Raumklima. Unser Tipp: Mit der Geigenfeige beginnen. Sie wächst hoch, mit wunderschönen großen Blättern – eine perfekte Alternative zum Monstera-Mainstream.
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MAJESTIC ECLECTIC
Dieser Stil ist seit Kurzem der große Trend auf Social Media: Eklektizismus. Vor allem das ausladende Anwesen von Dita von Teese hat es zahlreichen Stilliebhaber:innen angetan und gehört quasi zum Kanon. Hinter dem hochtrabenden Wort verbirgt sich eine spannende Welt mit ganz großer Freiheit. Denn “eklektisch” meint schlicht eine Kombination vieler Stile nach dem Motto: more is more. Interior-Influencerin Nikki Shore (@weeny_victorian_house_in_ware) lebt den eklektizistischen Traum in einer Kleinstadt nördlich von London und weiß, wie man bei dessen Verwirklichung am besten vorgeht: Sie wählt drei stimmige Farben als Grundpalette und sucht im Raum nach einem Mittelpunkt. Das kann ein Kamin sein oder ein großes Bild. Dann dekoriert sie den Raum mit Vintage- und modernen Möbeln um dieses Centerpiece herum. Gerade durch Upcycling lassen sie sich gut ins Konzept integrieren. “Ich mache mein eigenes Ding, halte mich nicht wirklich an Regeln”, verrät sie uns. Ihr wichtigster Tipp: keine Scheu vor unterschiedlichen Mustern und Textilien – je mehr, desto besser.
COLOR SHOCK
Diese Wohnung existiert jenseits aller Farbgrenzen: Melanie von duundich Interior (@__duundich__) zündet eine bunte Explosion und sorgt dafür, dass man die Augen nicht mehr von ihren knalligen Interiors lösen kann. Gerade die Murals mit ihren geometrischen Formen und Mustern haben es uns sehr angetan – und mit etwas Kreativität lassen sich die eigenen vier Wände in ein genauso spannendes Paradies verwandeln. Alle Farben, die die Palette aus dem Baumarkt hergibt, eignen sich, hält Melanie fest. Wichtig ist, dass sie zur Persönlichkeit passen und eine dem Raum entsprechende Wirkung entfalten. Introvertierte Menschen beginnen am besten ganz bequem mit zwei Farben und die Expressiveren können gleich bis zu vier Farben challengen. Auch die Muster sind nicht allzu tricky – gerade Linien erreicht man mit Malerkrepp und Wasserwaage. Für die Bögen liefert die Interior-Designerin auch direkt einen simplen und hilfreichen Trick: Mit einem Nagel einen Faden in der Wand befestigen und am anderen Ende mit einem Bleistift eine feine Kontur ziehen. Diese mit Malerkrepp abkleben und mit einem feineren Pinsel nachziehen. Schließlich die Fläche ausfüllen und voilà – ein dynamischer Bogen ist an der Wand!
FORWARD TO THE FUTURE
Organische, geschwungene Formen, glänzend glatte Kunststoffe und Textilien aller Art – die Inneneinrichtungen von Karim Rashid entführen nicht nur in eine andere Welt, sondern gleich in eine fremde Galaxie. Gekonnt kombiniert der Stardesigner Farben, Material und Prints, um Räume zu schaffen, die nostalgische Star-Trek-Fantasie und moderne Science-Fiction-Ästhetik mit Pop Art kombinieren. Zuweilen erinneren seine Designs an den Memphis-Style, der prägend für die 80er Jahre war. Die Kreationen von Rashid wirken luftig, die Räume atmen – nur so kommen die Pieces, bei denen jedes einzelne ein absoluter Hingucker ist, zur Geltung. Für den nötigen Kontrast sorgt die Anordnung von geschwungenen, weichen Möbeln, die neben solchen mit klaren und geraden Linien gruppiert werden. Ein komplett monochromer Boden in einer auffälligen Farbe bildet den Gegensatz zu den bunt gestrichenen Wänden oder Tapeten. Die Möbel-Kreationen von Rashid stehen nicht nur von Paris bis New York in den großen Museen der Welt, sondern sind auch in ausgewählten europäischen Design Stores, z. B. BoConcept, erhältlich.
Wer es noch einfacher möchte, findet im Onlineshop von Melanie trendige Tile Stickers,
die in endlos vielen Farben bestellt werden können:
duundich-interiordesign.de
CREDITS
Editor
Konstantin Paul | @konstantinfranzfriedrich
Photos
John Bassam | @claptontram
Mariell Lindhansen | @mariell.lindhansen
Nikkishore | @weeny_victorian_house_in_ware
Melanie Mahrhold | @_duundich
Marc Heldens | @marcheldens