“EnBy” – the Non-binary fragrance for a Non-binary future
“EnBy” ist ein neuer Duft, der auf subtile Art und Weise traditionelle Geschlechterrollen unterwandert und die Vielfalt unserer Identitäten zelebriert. Die sorgfältig ausgewählten Inhaltsstoffe von “EnBy” sind eine Komposition der nichtbinären Künstlerpersönlichkeit Mark Baigent, die mit diesem Duft ihre eigene, faszinierende Geschichte erzählen wollte …
VANGARDIST: Mark, kannst du uns etwas über dein Verständnis von Geschlechtsneutralität erzählen und wie es die Entstehung deines Parfüms “EnBy” inspiriert hat?
Mark: Geschlechtsneutralität ist eigentlich kein Konzept, sondern eine Realität, die ihren Ursprung in der Geschichte findet, wie jedes andere Geschlecht auch. Das bedeutet für mich, dass es Non-Binarität schon immer gegeben hat, diese aber durch Religion und Politik verdrängt wurde. Die zunehmende Sichtbarkeit von non-binären Menschen in den letzten Jahren hat mich dazu bewegt, einen Duft zu kreieren, der dieser Visibilität Rechnung trägt, sie fördert und verstärkt. Durch das Wording “EnBy”, das für die Buchstaben N und B steht, möchte ich auf die Non-Binarität aufmerksam machen und eine klare Differenzierung zu altbekannten Unisex-Parfüms schaffen. Wenn unisex die universelle Behauptung von Geschlecht ist, dann ist non-binär die Negierung einer dualen Geschlechtlichkeit. Ich sehe diese beiden Dinge als grundlegend verschieden an.
V: Düfte werden oft mit Geschlechterstereotypen in Verbindung gebracht. Wie genau befreit sich “EnBy” davon?
M: “Enby” ist das erste non-binäre Parfüm der Welt und als solches ein Produkt, das gezielt mit einer politischen Botschaft auf den Markt gebracht wurde. Der Duft hat Inhaltsstoffe, die traditionell nicht mit Geschlechterrollen in Verbindung gebracht werden. Ich habe mit der Parfümeurin Nora Gasparini gearbeitet, die mir gesagt hat, dass Parfüms Geschichten erzählen sollen. Also habe ich mit dieser Komposition die Geschichte meines eigenen Lebens und die meiner gelebten Erfahrungen erzählt. Ich definiere mich persönlich als non-binary, und damit war die Distanz zur Geschlechtlichkeit, aber auch zur Heteronormativität von vornherein gesetzt.
V: Gib uns doch bitte ein paar Einblicke in die ausgewählten Inhaltsstoffe von “EnBy”.
M: Der Duft ist in die drei Jahrzehnte unterteilt, in denen ich bislang am Leben war. Für das erste Jahrzehnt dienen Erinnerungen an mein Elternhaus als Grundlage, wo die Luft von Kaffeeduft erfüllt war. Gleichzeitig entwickelte sich in dieser Zeit meine Liebe zu Kräutern und Gewürzen wie Rosmarin und javanischem Pfeffer.
Die Essenz von “EnBy” entstand aus dem Wunsch, diese Elemente mit den begleitenden Erinnerungen in Einklang zu bringen. Mit Beginn des zweiten Jahrzehnts begab ich mich auf eine Reise der Selbstfindung. Die lebendige Kulturlandschaft der 60er-Jahre faszinierte mich schon immer, und ich wollte die gleichen Erfahrungen machen wie Janis Joplin oder Jimi Hendrix. Diese Zeit ist repräsentiert durch die berauschenden Düfte von Patschuli und Oud, tief verwurzelt im Nahen Osten und in Indien, wo ich einige Zeit meines Lebens verbrachte und wohin ich definitiv auch zurückkehren will.
Das letzte Jahrzehnt symbolisiert eine weitere transformative Reise durch Indonesien. Tabak und Pfeffer sowie der Duft der Frangipani-Blüte wurden zu meinen ständigen Begleitern. Durch die sorgfältige Auswahl und Verschmelzung dieser Düfte fängt “EnBy” die mehrdimensionalen Kapitel meines Lebens ein und würdigt die vielfältigen kulturellen Einflüsse, die meine Identität geprägt haben.
V: Inwiefern können Parfüms wie “EnBy” zur Förderung von Akzeptanz, Selbstliebe und Selbstausdruck für Menschen jeglicher Geschlechtsidentität beitragen?
M: Parfüms sind Werkzeuge, die unsere Sinne bereichern, stimulieren und herausfordern. Wir verbinden unser ganzes Leben mit Gerüchen, sie sind so vielfältig wie die Menschen selbst, und sie sind oft intim. Ich denke, dass Parfüm per se unsere Welt nicht grundlegend verändern kann, aber gerade weil Parfüms die Intimität von Menschen ansprechen, können Kampagnen und Interviews wie dieses rund um die Inspiration des Produktes helfen, Werte zu vermitteln. Oft sind verbale Diskussionen einschüchternd. Parfüms knüpfen aber an unsere Sinne an und können auf diese Weise einen ganz anderen Ansatz des Diskurses bewirken. Der Geruch könnte etwa einer Person gefallen, die von dem ganzen “Gender-Wahnsinn” nichts hält, aber neugierig wird, weil “EnBy” einen “sinnlichen” Weg gefunden hat, das Interesse zu wecken. Daher denke ich, dass “EnBy” ein Mittel auf anderer Ebene sein kann, um einen positiven Austausch zwischen Menschen zu starten, die Antworten auf Fragen zu ihrer eigenen Geschlechtsidentität finden oder einen Schritt hin zu mehr Akzeptanz machen wollen.
CREDITS
Editor
David Breza (he/him)
Interviewpartner:in
Mark Baigent | Instagram: @markbaigent
Photography
Rizal Syaiful | Instagram: @rcreativeid