Zeitgeist

Der Instagram-Wahn macht uns kaputt!

#BACK TO THE ROOTS

 
Ich war in der 9. Klasse, als ich das erste Mal von Instagram erfuhr, und mir einen Account zulegte. Damals, im Mai 2011 war Instagram noch nicht mal ein Jahr alt, ich gerade einmal 15 Jahre jung – und vermutlich war ich auch der erste an meiner Schule, der Instagram überhaupt kannte. Hätte ich damals gewusst, was aus dem fotografierten Essen inklusive Earlybird Filter werden würde, hätte ich mir diese App vielleicht nie heruntergeladen. Damals postete ich noch sehr sporadisch Bilder meiner neuen Frisur, dem frisch umgebauten Garten im Haus meiner Eltern, oder eben des Schulmensa-Essens. Ein paar Hashtags darunter, ab und an ein Like oder ein neuer Follower, mehr war nicht dran an Instagram. Ach, das waren noch Zeiten! Fast forward in’s Jahr 2017:
 

#PIC OR IT DIDN’T HAPPEN

 
Instagram wurde riesig! So riesig, dass jetzt auch mein gesamtes, soziales Umfeld kräftig Bilder machte. Man markierte sich gegenseitig, drücke aus Prinzip auf Like, und – wie oft habe ich diese Situation auf Partys erlebt –  posierte fleißig für Bilder. Selbst, wenn ich mir damals schon blöd vorkam, ständig Bilder von allem und jedem zu machen, wurde Instagram trotzdem zu einer meiner Lieblingsbeschäftigungen: Hatte ich 2 Minuten nichts zu tun, wurde sofort das Handy gezückt und geguckt, was denn neues gepostet worden war. Absolut jeder konnte mich nun auf Schritt und Tritt verfolgen. Ich verspürte den Zwang, mitzuhalten mit den Bildern der anderen. Jedes Wochenende mussten meine Freunde und Follower schließlich wissen, dass ich mich nicht vergraben hatte, sondern durchaus das Haus verlies. Also wurde alles fein säuberlich weiterdokumentiert, bis mein skurriles Verhalten seinen Höhepunkt erreichte: Als eine Freundin (die sich – glücklicherweise – hartnäckig weigerte, sich selbst einen Account zuzulegen) mich fragte, was ich so an meinem Wochenende unternommen hatte, rutschte mir heraus: “Tja würdest du mir mal auf Instagram folgen, wüsstest du bescheid!”
 
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#INSTABREAK

 

Dieser Satz war wie ein aggressives Wachrütteln: Fein säuberlich dokumentierte Tage, Nächte, Momente, alle öffentlich einzusehen in meinem Instagram Feed – und ich wollte ihr lieber das zeigen, als selbst zu erzählen? Wie konnte es sein, dass ich das Gefühl hatte, wirklich ALLES dokumentieren zu müssen? Mir wurde schon relativ bald klar, weshalb: Immer, während ich mich durch die Profile von Freunden und Bekannten klickte, hatte ich selbst das Gefühl, wieder ein Lebenszeichen von mir geben zu müssen. Und umso schwieriger war es für mich, Bilder zu sehen, auf denen alle feierten – während ich arbeiten war. Es war wirklich Zeit für eine Änderung: Vorbei die gestellten Selfies, der Hashtag-Wahn und konstantes Like-checken. Mein Instagram-Feed wurde erst mal ausgemistet, und vorübergehend stillgelegt.

 

#IT’S GOOD TO BE BACK

 

Ja, ich habe Instagram wieder – aber bevor ihr jetzt böse aufschreit: Ich habe Instagram mit meinen eigenen Regeln! Das Handy bleibt bei mir jetzt viel öfter in der Tasche. Egal ob auf Parties, im Park oder im Café. Den Soy-Latte meiner Freunde muss ich nicht unbedingt posten. Die Partybilder müssen nicht sofort auf Instagram. Meine Freunde und Bekannten kennen mich, und ich muss ihnen nicht ständig beweisen “wie cool ich doch bin”. Ja, es schleicht sich immer wieder ein, das Instagram-Feed checken, das liken, kommentieren und natürlich auch das posten. Aber was ich gelernt habe, ist, mich nicht konstant mit anderen zu vergleichen, nicht der Aufmerksamkeit wegen zu posten, sondern einfach Momente, die mir wichtig sind festzuhalten. Und diese eben mit meinen Freunden zu teilen.

 

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Text: Alex Baur

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