Zeitgeist

“Pop is my Religion” – Riccardo Simonetti über Pop und die Welt

Um ihn kommt man einfach nicht herum: Social Media Star, Blogger, Fernsehmoderator und Model Riccardo Simonetti. Mit seiner quirligen Teenie-Art und seiner Authentizität begeistert er weltweit seine Follower. Kaum jemand kennt die Popkultur so in- und auswendig wie er. Wir haben uns das selbsternannten “Starlet on the Rise” erneut geschnappt und bei einem gemütlichen Spaziergang im Wiener Prater über den Einfluss der Popkultur gesprochen.

(Wir empfehlen das Interview zur Spotify-Playlist “The Fabulous Playlist of Ricci” zu lesen.)

Riccardo, was bedeutet Popkultur für dich?

 

Religion. Popkultur ist für mich Religion und das, was mir Hoffnung gibt, wenn ich schlechte Laune habe.
 
 

Wer sind für dich die drei wichtigsten Popstars?

 

Auf jeden Fall Madonna, Michael Jackson und Britney Spears. Obwohl? Quatsch! Eigentlich ist es viel zu schwierig sich auf drei zu reduzieren. Lady Gaga muss auf jeden Fall in dieser Auflistung dabei sein. Es ist so schwer, jemanden rauszulassen, weil jeder Künstler für sich seine ganz eigene Bewegung ausgelöst hat.
 
 

Welches sind deiner Meinung nach die revolutionärsten Momente in der Popgeschichte?

 

Definitiv der Moment, indem Britney Spears sich die Haare abrasiert hat. Das war übrigens an meinem Geburtstag. Wenn das kein gutes Zeichen ist? Es war einfach der absolute Höhepunkt der 2000er It-Girl Skandale. Danach hat sich irgendwie alles verändert, weil alle wussten: Okay, jetzt ist es irgendwie doch zu weit gegangen. Man hat einfach die Tragik in ihrem Gesicht gesehen. Dann waren da ja auch noch die VMAs, wo Madonna, Britney Spears und Christina Aguilera sich geküsst haben. Das ist so mein erster popkultureller Skandal, den ich im Kopf habe. Und um dann die 2000er abzuschließen, nehme ich noch die Zeit, in der Paris Hilton auf Unterwäsche verzichtet hat.
 
 

Kannst du mit deiner Plattform, Reichweite und Persönlichkeit die heutige Popkultur beeinflussen oder verändern?

 

Ich glaube, die Popkultur heutzutage ist super glatt und alle haben irgendwie Angst davor, Persönlichkeit zu zeigen. Für mich ist es ein Riesen-Privileg ein Teil der heutigen Popkultur zu sein, aber mit Ecken, Kanten und Persönlichkeit. Mit Themen, über die man sich vielleicht schämt zu sprechen. Ich glaube, das ist es, was die Popkultur auch braucht: Greifbare Charaktere und Stars, die wirklich verstehen, was es bedeutet ein Star zu sein. Nämlich, dass man für andere Menschen strahlt und ihnen den Weg weist, wie es Sterne ja eigentlich tun.
 
 

Warum kannst du dich so gut mit der Popkultur identifizieren?

 

Ich bin in einer kleinen Stadt aufgewachsen und hatte immer das Gefühl, dass alle über mich reden und es immer wieder neue Gerüchte um mich gab. Und das die einzige Welt, die mich verstehen hätte können, die Welt der Superstars war. Deswegen trage ich auch ein Hollywood Tattoo. Wenn jemand in der Schule etwas Böses über mich gesagt hat, dachte ich mir: Paris und Lindsay würden mich verstehen, denn über die wird auch jeden Tag etwas Böses geschrieben und die bleiben trotzdem sie selbst und machen ihr Ding.
 
 

riccardo
 

Vorhin sagtest du, Popkultur wäre wie Religion. Bist du der Meinung, dass Pop die Welt vereinen kann?

 

Auf jeden Fall. Ich meine, Musik ist so ein starkes Symbol dafür, dass Menschen zusammen halten können. Ich merke es immer, wenn ich in meiner Playlist einen Song habe, den die Leute toll finden, was für ein Zusammenhalt da entsteht. Das ist doch eigentlich DAS Beispiel, was Pop in den Menschen auslösen kann.
 
 

Viele Menschen halten Popkultur nicht für sonderlich authentisch. Warum glaubst du, dass Popkünstler oft mal unterschätzt werden?

 

Es ist ja generell das Ding, dass man ablehnt, was alle gut finden. Dabei ist es gerade absolut Mainstream geworden, sich alternativen Dingen zuzuwenden, weil man kollektiv glaubt, dass man das was gerade beliebt ist ablehnen müsse. Und das ist ja auch wieder Pop, irgendwie. Und jeder, der sagt, Pop ist scheiße soll sich einmal „Born to make you happy“ von Britney Spears anhören und mir ins Gesicht sagen, dass das ein schlechter Song ist (lacht).
 
 

Kann Pop gleichzeitig Mainstream & Revolution sein?

 

Jeder große Popstar steht ja für eine ganz bestimmte Ära und wenn man sieht, was Pop in den Menschen auslöst und was populär ist, kann das super viele Werte mit sich bringen. Britney Spears war zum Beispiel so ein großer Auslöser dafür, dass diese ganzen Castingshows ebenfalls einen Britney Spears Superstar produzieren wollten. Als Lady Gaga dann kam, wurden Künstlerinnen nicht mehr daran gemessen, wie sexy sie waren, sondern wie verrückt sie waren.
 
 

Du nimmst die Leute mit in deine Pop-Plastik-Welt und bist dabei ehrlich, authentisch und sprichst über Themen, über die viele nicht reden würden. Ist das das Geheimnis für heutige Popkultur?

 

Auf jeden Fall! Ich glaube, du kannst künstlich sein, wenn das dein Ding ist. Aber die Leute sehnen sich nach echten Charakteren. Dabei ist es völlig egal, ob du super natürlich oder total künstlich bist – solange du Du-Selbst bist, wirkt es natürlich und genau das ist es, was die Menschen sehen wollen. Das Geheimnis liegt in der Authentizität und Originalität.
 
 

Viele glauben, Popkultur ist am Ende und kann nichts mehr revolutionieren. Ist da was dran?

 

Während man in den 70er über freie Liebe gesprochen hat, merkt man, dass da in der heutigen Zeit Nachholbedarf besteht. Schaut man sich die Generation nach uns an, wird klar, dass man ganz, ganz viel über Geschlechteridentität und Stereotype reden sollte. Ich habe das Gefühl, dass dieser Drang, sich in eine gewisse Schublade einordnen zu lassen, noch viel viel größer geworden ist, als er es jemals war. Auch wegen Social Media, wo man permanent miteinander verglichen wird, wo man permanent sieht, wie gerade alle aussehen und man denkt, dass man so jetzt auch aussehen müsste. Und es wird die Aufgabe meiner Generation sein, die Menschen wieder zu ermutigen, ihre Schwächen nicht unbedingt als etwas Negatives anzusehen und ihre Andersartigkeit als etwas Tolles zu empfinden.


Text, Interview: Julian Behrenbeck
Fotos: Julian Behrenbeck

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