„To be a successful father, there’s one absolute rule: when you have a kid, don’t look at it for the first two years.”– Ernest Hemingway. Der Autor hat seiner Zeit bereits festgestellt, was knapp 100 Jahre später eine OECD-Statistik belegt: Der durchschnittliche deutsche Vater soll sich genau 37 Minuten am Tag um seine Kinder kümmern. Klingt traurig. Klingt aber vor allem nach überholtem Familienbild.
WHAT A MAN
Vielleicht hätten sich Ernest Hemingway und Chris Martin von Coldplay mal zusammensetzen sollen. Vielleicht auch bei Martini im Pariser Ritz Carlton. Vielleicht aber auch mit Kindern. Chris Martin hat da nämlich eine etwas andere Devise:
Blindes Windelwechseln also als Mittelwert zwischen Hemingway und Martin? Ein Leben ohne wetteifernde Karrierepläne, ein Leben ohne großes Gestern oder noch größeres Morgen. Ein Leben zwischen Windeln und Arztterminen und statt Anzug und Krawatte kommen Kochschürze und Latztuch zum Einsatz.
OH MAN(N)
Doch gehen wir erstmal einen Schritt zurück. Man(n) stelle sich vor, Man(n) erzählt von seiner Familie. Seinen Kindern. Erzählt von häuslichen Verpflichtungen. Erstaunen. Fragende Blicke. Warten. Dann die Frage, wieso er als Mann zuhause sitzt, statt in großen Konferenzräumen mit anderen Vätern Verträge abzuschließen. Die Antwort darauf ist für viele Männer schwer zu finden und vom sozialen Umfeld umso schwerer zu verstehen. Haupternährer und so. Es verschreckt die Angst vor beruflichen Einschränkungen.
Im Alltag unserer Kindheit hat der Vater also meistens keinen Raum gefunden. Oder keine Zeit. Wann die letzte Impfung war? Wie die Klassenlehrer*In heißt? …Achselzucken. Aber gesellschaftlich akzeptiertes Achselzucken. Schließlich ist die Erwartung an den Vater nicht, Klassenfahrten und Kindergeburtstage zu kennen, sondern die finanzielle Sicherheit zu geben. So die Denkweise vieler Männer…
Dieses vermeintliche Klischee gibt viel Raum für Witz, so auch in Jimmy Kimmels Late night show, in der Väter scherzhaft nach dem Leben ihrer Kinder gefragt werden. Das Ergebnis? Hemingway wäre stolz…
Doch die Konsequenz erlebt man nicht so leicht wie ein witziges Youtube-Video. Laut einer OECD-Statistik verbringt der durchschnittliche deutsche Vater 37 Minuten am Tag mit seinen Kindern. Da kann man die Ursache schon mal hinterfragen.
Dem „National at Home Dad Network” nach gibt es 1.4 Millionen offiziell definierte Stay-At-Home Dads. Eine Zahl, die sich innerhalb der letzten zehn Jahren verdoppelt hat. Doch nach etwas Recherche stellt sich heraus, dass Stay-At-Home Dads Probleme haben, Kontakte zu anderen Erwachsenen zu finden und so eine potentielle soziale Isolation stattfindet. Väter berichten von Momenten der Ausgrenzung, beispielsweise in Parks, wenn fremde Kinder von den Vätern bewusst ferngehalten werden, da ihre Anwesenheit sonderbar erscheint.
WANN IST EIN MANN EIN MANN?
Unabhängig davon, wie notwendig diese modernen Geschlechtervereinbarungen für die Entwicklung von Familien des 21. Jahrhunderts sein mögen, steckt die Gesellschaft noch im Familienmodell der 1950er Jahre fest. Vater als Ernährer und Mutter als Hausfrau. Die meisten Männer definieren sich hauptsächlich über ihre Arbeit. Haben sie schon immer. Fällt dieses Fragment weg, wird die eigene Männlichkeit angegriffen. Doch Männlichkeit ist kein 9-5 Job, sondern lediglich ein längst überholtes Gesellschaftskonstrukt.
NEUE MÄNNER BRAUCHT DAS LAND
Autor: Lena Pfeiffer