Tabus sind ungeschriebene Gesetze, die innerhalb einer Gesellschaft oder Gruppe verbieten, bestimmte Dinge zu tun oder anzusprechen. Und genau deshalb sind Tabus nicht immer leicht als solche zu erkennen. Ein Grund mehr für uns, einmal genauer hinzuschauen. Unsere Tabus erzählen uns nämlich, wo wir als Gesellschaft oder Gruppe wirklich stehen.
Deshalb gilt es, erst einmal die Gruppe zu definieren, denn eine Gesellschaft ist alles andere als homogen. So wie ich mich im Club kleide, kann ich kaum zur Familienfeier gehen, und mit dem Straßenslang „Bro”, “Bitch” und “Oida, was geht?“ kann ich bei meinem Arbeitgeber eher nicht so punkten. Tabus sind eine Sache der jeweiligen Gruppe und im höchsten Maße Situationsabhängig.
Beim Wort Tabu denkt man gern an sexuelle Tabus, weil diese oft recht sichtbar sind. Nicht heterosexuelle Praktiken etwa standen in der jüngeren Vergangenheit sogar unter Strafe. Hier hat sich viel getan – und wenn Sex-Positive-Partys ohne gesellschaftlichen oder medialen Aufschrei veranstaltet werden können, dann ist das Thema im urbanen Raum wohl gut verarbeitet worden.
“Die größten Hüter von Tabus sind heute nicht mehr der Gesetzgeber oder gar die Gesellschaft,
sondern schlicht wir selbst.”
Die größten Hüter von Tabus sind heute aber nicht mehr der Gesetzgeber oder gar die Gesellschaft, sondern schlicht wir selbst. Dinge, die von unserem Umfeld schon längst akzeptiert sind, werden verdrängt, wenn sie mit unserem Selbstbild kollidieren. Die Angst zu versagen, Hilfe zu benötigen, Fehler einzugestehen oder – der Klassiker – Gefühle zu zeigen – unsere persönlichen Tabus sind eng mit unseren Ängsten verknüpft und kontrollieren so unser Verhalten. Dadurch verpassen wir womöglich ein Leben voller Liebe und intensiver Gefühle.
Mit dieser Ausgabe wollen wir damit brechen und einen Blick auf die Tabus des 21. Jahrhunderts – und damit auf uns selbst – werfen. Auf alle Fälle regt sie dazu an, die eigenen Tabus ein bisschen besser wahrzunehmen, um das Leben in Zukunft etwas freier genießen zu können…