Vielleicht ist es das Streben nach ewiger Schönheit, das zwanghafte Einpassen in vorgefertigte Gesellschaftsbilder, das Gefühl, mit dem eigenen Körper nie gut genug zu sein, oder der Selbstoptimierungswahn. Klar ist: Essstörungen sind auf dem Vormarsch wie nie, haben sich in alle gesellschaftlichen Gruppen eingeschlichen, und jede einzelne Erkrankung hat ihre individuellen Auslöser.
Dass Essstörungen wie Anorexie, Binge-Eating oder Bulimie ein reines Frauen Problem sind, ist längst revidiert. Eine erschreckende Studie von US-Forscher*innen hat herausgefunden, dass vor allem LGBTQ+ Jugendliche besonders häufig von Essstörungen betroffen sind. Die Studie, die von drei verschiedenen Organisationen durchgeführt wurde, bringt erschreckende Ergebnisse ans Tageslicht: Insgesamt wurden 1305 junge Menschen zu ihrem Essverhalten, sowie Drogen- und Alkoholkonsum befragt. Bei den Befragten, die sich als queer identifizierten, war die Häufigkeit einer Essstörung ganze 11x höher als bei heterosexuellen Teenagern. Vor allem Transgender-Jugendliche gaben mit einer erschreckenden Quote von 71% an, essgestört (gewesen zu) sein.
Verdrängung statt Fortschritt
Doch die Studie brachte nicht nur Ergebnisse über das Essverhalten von queeren Jugendlichen ans Licht: Insgesamt sollen 58% der Befragten LGBTQ+ Teenager schon einmal mit dem Gedanken gespielt haben, sich selbst zu töten. Außerdem waren Alkohol- und Drogenmissbrauch bei Teilnehmer*innen aus dieser Gesellschaftsgruppe besonders häufig. Tatsächlich schwankt die erschreckende Rate von Suizidversuchen bei Transgender-Jugendlichen zwischen 32-50% weltweit.
Der Druck kommt von überall
Als Grund nennt die Studie vor allem den großen gesellschaftlichen Druck, den queere Jugendliche erfahren. Hierbei geht es nicht nur um Gewalt, Diskriminierung oder Mobbing von anderen, sondern auch um den Prozess der Selbstfindung und des Coming-Outs. So müssen sich LGBTQ+ Teenager in ihrer Jugend essentiellen Lebensfragen und -ängsten stellen, von denen heterosexuelle Jugendliche nicht betroffen sind. Die Angst vor gewaltsamen Übergriffen, dem Verlust von Vertrauenspersonen nach dem Coming-Out, oder auch der innere Kampf mit sich selbst und der eigenen Identität machen sich dann durch krankhafte Handlungen, Selbstbestrafung oder Drogenmissbrauch strafbar. Doch auch der Druck innerhalb der LGBTQ+ Community ist hoch, in vorgefertigte Schemata zu passen, um seinen Platz in der queeren Gemeinschaft zu finden.
Text: Alex Baur
Via: dbna.de