„Die Konkurrenz schläft nicht – höchstens mit deinem Freund“, steht da in krakeliger Schrift an der Wand einer Klokabine geschmiert. Diese kleine Kritzelei wirkt vielleicht auf den ersten Blick witzig, sollte uns aber eher zum Nachdenken anregen. Denn ich habe tatsächlich das Gefühl, dass wir uns in einem fortwährenden Konkurrenzkampf befinden – und zwar auf vielen Ebenen.
In der Schule geht es – heruntergebrochen – um gute Noten. Wir vergleichen uns mit unseren Mitschülern. In der Uni geht es – ebenfalls heruntergebrochen – auch um gute Leistungen, darum schlaue Dinge zu sagen, einen Abschluss zu bekommen. Auch hier vergleichen wir uns mit unseren Mitstudierenden. Das ist bis hier vielleicht alles noch relativ harmlos, nur ein kleiner Hauch Neid, aber eigentlich gönnen wir uns den Erfolg ja gegenseitig, oder? Aber im Job? Wenn es z. B. darum geht, eine freie Stelle zu bekommen, dann fahren wir gerne mal die Ellenbogen aus, der ein oder andere schreckt auch nicht davor zurück etwaige Mitbewerber zu verunglimpfen, sie bewusst auflaufen zu lassen. Naja, nicht so schlimm, oder? Geht ja um unsere Zukunft, unser Einkommen, unseren Lebensstandard – da wird das ja erlaubt sein.
Und tatsächlich: In vielen Branchen gibt es nunmal viel zu viele sehr kompetente Bewerber für viel zu wenig vakante Stellen. Schließlich wird man heutzutage aus der Schule an die Uni oder in eine Ausbildung gespuckt, kocht in so manchem Praktikumsbetrieb hunderte Liter Filterkaffee, um dann sehr jung sehr gut ausgebildet da zu stehen. Die wenigsten nehmen sich nach dem Bachelor mal eine Auszeit, um durchzuatmen, um herauszufinden, wo sie hinwollen, um einfach mal eine gute Zeit zu haben. Leider zeigt die Erfahrung, dass das „lockere Studentenleben“ leider alles andere als locker ist. Prüfung an Prüfung, in den Semesterferien dann bitte ein freiwilliges Praktikum – ohne nimmt dich ja später kein Arbeitgeber. Um das auch nochmal runterzubrechen: Man wird in kurzer Zeit mit Wissen und Können zugepumpt und dann auf einen Markt gespuckt, der vor lauter fähigen Menschen fast aus allen Nähten platzt. Und wenn die dann auch noch ihre Ellenbogen ausfahren…
Auch in der Liebe, in Freundschaften kann Konkurrenz eine Rolle spielen – mit Betonung auf kann. Es ist leicht, in anderen Personen eine Bedrohung für unsere Beziehungen zu sehen. Vielleicht ist diese andere Person interessanter, talentierter, witziger als wir? Oder besser im Bett? Oder hat einen schöneren Körper? Man kennt es aus schlimmen Trennungsschnulzen: „Was hat sie/er, was ich nicht hab’?“ – eine Frage, die eigentlich nur große Selbstzweifel formuliert. Konkurrenz kann leider schnell unseren Alltag bestimmen – und das macht uns ziemlich fertig. Muss man denn immer Angst davor haben, einen Fehler zu machen? Nicht schnell genug zu sein? Nicht schön genug zu sein? Etwas nicht perfekt zu beherrschen? Nein. Wir müssen lernen, dieses ständige Konkurrenzdenken auszuschalten und uns einfach nur auf uns konzentrieren, an uns glauben, unsere Stärken zeigen und uns nicht zu sehr auf unsere Schwächen konzentrieren. Wie sagt man so schön: Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. Und dieser Text will gar nicht sagen, dass Konkurrenz per se etwas Schlechtes ist, manchmal motiviert sie auch, treibt uns an.