In einer Zeit, in der queere Kultur in den Mainstream Medien relativ präsent ist, Pride Parades sehr populär sind, und die Rechte von Personen der LGBTQ+ Community mehr Aufmerksamkeit gewinnen, ist es schwer sich eine queere Existenz in den 1930er Jahren vorzustellen. Denn die sah komplett anders aus. Wie jeden Montag geben wir euch also auch heute Einblick in die Geschichte der queeren Existenzen.
Nach einer leichten Welle der Akzeptanz in den 20ern, vor allem durch die Arbeit von Sexualforscher Dr. Magnus Hirschfeld, in dessen Institut in Berlin LGBTQ+ Personen Zuflucht fanden, waren die 30er stark von Hass und Verfolgung geprägt. Durch den Paragraph 175, der jegliche sexuellen Handlungen zwischen zwei Männern untersagte, mussten schwule Männer besonders vorsichtig sein, denn öffentliche Orte als Treffpunkt für queere Personen gab es sowieso kaum. Da schwierige Zeiten nach drastischen Maßnahmen fordern, wurden gewisse Parks von der schwulen Community in Anspruch genommen um nachts, hauptsächlich mit Blicken, andere Männer aufzureißen. Lesbische Frauen mussten sich zwar keine Sorgen machen ein Gesetz zu brechen, wurden aber in der Gesellschaft genauso ungern gesehen.
Männer hatten zu dieser Zeit mit sich selbst zu kämpfen, da die Arbeitslosenquote in den frühen 1930ern bei 25% Prozent in den Vereinigten Staaten lag, und dies stark am Selbstwertgefühl vieler nagte – schließlich definierte der Mann von damals seine Männlichkeit über den Job. Da die Konsumtrends sich stark auf Frauen und indirekt auf queere Personen ausrichteten, fiel es schwer, durch Kunst und Kultur Ausgleich zu finden. So entwickelte sich eine Kultur in der Flamboyance, wo Männlichkeit geteilt und zeitgleich ausgelebt werden konnten. Badehäuser und Hotels für Schwule wurden populärer, und durch die Entwicklung der ‘Neuen Frau’ fanden lesbische Frauen Ausgleich durch feministischen Aktivismus und der Gelegenheit Jobs auszuführen, die zuvor als reine Männerarbeiten galten.
Überschattet von der Weltwirtschaftskrise, der darauffolgenden Massenarbeitslosigkeit, sowie der Machtübernahme der Nazis schien die Queer-Szene fast nicht existent. Trotz den vielen Hindernissen gab es in den 30ern aber eine Underground Szene der queeren und vor allem homosexuellen Menschen. Showplatz dessen waren oft Bars, in denen schon durch eindeutige Blicke oder Berührungen das Verlangen nach dem anderen ausgedrückt werden konnte, ohne ein zu großes Risiko einzugehen. Offiziell eine Gay Bar zu besitzen war allerdings nicht erlaubt, und obwohl viele Bars wegen ihrer Toleranz gegenüber Homosexuellen geschlossen wurden, funktionierte das System relativ gut. Allerdings nur so lange, bis die flinke Polizei ihre gutaussehenden Beamten inkognito in die ‘Höhle des Löwen’ schickte, um solchen Begegnungen auf die Spur zu kommen, und Betroffene vor Gericht bringen zu können.
Vor allem homosexuelle Schriftsteller*innen, Schauspieler*innen und Tänzer*innen, die in den späten 20ern bis frühen 30ern eine kulturelle Welle verursachten, und mit ihren Performances sogar reich werden konnten, prägten den darauffolgenden Wechsel in den Underground. Glücklicherweise gab es auch im Film-Business genug Schauspieler*innen, Autor*innen, Regisseur*innen, und alles was sonst noch gebraucht wurde, die sich manchmal mehr und manchmal weniger heimlich den Hollywood Production Code umgingen. Vor allem die Frau im Hosenanzug war ein großes Thema des 30er Jahre Kinos – auch wenn damit keine sexuelle Ausrichtung abgebildet wurde, stellte diese Darstellung die typische Geschlechterrollen in Frage.
HIER geht’s zu #1 der Queer History Reihe.
Text: Johanna Freiherr, Mia-Valentina Evelyn Kordasch und Ronja Antonia Neger
Lektorat: Alex Baur