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Klimawandel, Digitalisierung, Extremismus: Schon vor Corona gab es eine Vielzahl von Themen, die das Zeug dazu hatten, uns ordentlich zu verunsichern. Doch dieser gelebte Ausnahmezustand bringt auch ein neues Level von Ungewissheit, Überforderung und Hilflosigkeit mit sich. Dr. Stephanie Grabhorn, Chefärztin der psychosomatischen Privatklinik Blomenburg, erklärt das Phänomen.
Für die Corona-Krise gibt ein einfach keine vergleichbare Referenz. Es handelt sich um eine nie dagewesene Krise, in der es um die gesundheitliche und finanzielle Existenz aller geht. Aus diesem Grund erleben wir Gefühle der Ohnmacht und Hilflosigkeit besonders stark – dies führt zu einem dauerhaft erhöhten Stresspegel. „Das Gehirn strebt Kontrolle an und kennt nur zwei Modi: Kämpfen oder Flüchten! Wenn beide Modi ausfallen, finden wir uns in einer Pattsituation wieder, die eine ganze Flut von Gefühlen auslösen kann – je nach Situation und Persönlichkeit: Einige Menschen reagieren mit Angst und Panik, andere mit Rückzug, Depression, Trauer und Wut. Andere werden aggressiv und rebellieren”, so Dr. Grabhorn.
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Die menschliche Psyche hat diverse Mechanismen entwickelt, um uns vor den schwer ertragbaren Gefühlen der Ohnmacht zu schützen. Eine der häufigsten Reaktionen denen wir im Alltag begegnen, ist die Verleugnung. Diese verharmlosende „Das ist ja nur eine Grippe”-Haltung, die die Menschen vor der wahrlich dramatischeren Wahrheit bewahren soll. Viele Menschen reagieren auch mit Rationalisierungen und bedienen sich flexibler Fakten und Interpretationen, wie: „Ich darf mich mit anderen draußen treffen, denn es ist erwiesen, dass das gesünder ist, als den ganzen Tag zuhause zu sitzen.”
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Keinerlei Kontrolle über die Situation zu haben, löst in einigen Menschen den Drang aus, durch Regelverstöße ein Gefühl der Selbstbestimmtheit und Macht wiederzuerlangen. Aber auch gegenteilige Reaktionen können auftreten: Trauer, Grübeln, Ängste, Rückzug, Selbstaufgabe und Lähmung. Diese chronische Angst kann sich längerfristig negativ auf die Gesundheit auswirken. Laut Dr. Grabhorn wird während und nach der Krise mit einer Zunahme von Depressionen und Angststörungen gerechnet.
Therapiestunden, die vorher bereits persönlich abgehalten wurden, dürfen ab sofort auch Online stattfinden. Etwas schwieriger ist es für diejenigen, die noch keinen Therapieplatz haben oder noch länger auf einen Termin warten müssen. Doch aufgrund der Ausnahmesituation ist es nun auch möglich, Erstgespräche Online zu führen. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Welt sich trotzdem weiter dreht und obwohl die Krise einem vielleicht etwas mehr Kreativität im Lösen von Problemen abverlangt, so gibt es diese Lösungen nach wie vor. Wenn du also Hilfe benötigst, dann zögere nicht, sie dir zu holen. Hier findest du noch die wichtigsten Anlaufstellen:
Sozialpsychiatrischer Notdienst: Rufnummer: (01) 31330
Psychologische Online Hilfe: Rufnummer: 0800 000 95 54
Quelle: Blomenburg
Header: Fernando @cferdo / Unsplash